„Ich wünsch mir ich würde wissen,
wie Erinnerung lebendig bleibt.
Wie man den Augenblick,
in dem das Schweigen sang,
vor dem Vergehn bewahrt.
Ich wollte ich wüsst,
wie man Zeit in eine Flasche füllt.
Dann müsst ich sie nur öffnen und schon wäre alles so wie es war.“

(Zeit in einer Flasche/Rebecca)

 

Furchtbar kitschig, oder? Im Theater hab ich mich bei dem Lied immer gekrümmt, aber heute geht es mir nicht aus dem Kopf. Ich glaub‘s eigentlich nicht, aber heute am frühen Nachmittag war es schon soweit: Unsere Dahabeya hat gewendet und wir fahren zurück Richtung Luxor.  

 

Im Prinzip hat Heinz schon alles erzählt, was wir heute gemacht haben. Ich kann eigentlich nichts mehr dazu beitragen, ohne noch mehr unerträglich Kitsch zu verbreiten als bisher.  

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Edit: Sternzeit 13.12.2024


Als hätte ich es geahnt: „Wenn ich wüsste, wie man Zeit in eine Flasche sperrt…wie Erinnerung lebendig bleibt“…dann würde ich jetzt den Korken ziehen und alles würde heraussprudeln; aus der Flasche und aus mir. Gott sei Dank bin ich selber eine Art Flasche und natürlich ist mir dieser Tag im Gedächtnis geblieben, unter anderem deshalb, weil wir heute an einem der schönsten und ruhigsten Orte waren, an denen ich je gewesen bin… 💖 Mit etwa 45 Grad Lufttemperatur war es auch der heisseste Tag unserer Reise. Aber das habe ich unterwegs nichtmal gemerkt.


Begonnen hat der Tag früh mit einem Besuch des „unvollendeten Obelisken“ in Assuan. Das Teil ist gewaltig. Gewaltig groß nämlich. Und nur dem Umstand, dass es während des Heraushauens aus dem Felsen gesprungen ist, verdanken wir es, dass es heute noch an Ort und Stelle liegt und man nachvollziehen kann, wie die Ägypter Obelisken gefertigt haben. Das Touristengewusel vor Ort war trotz früher Stunde schon mindestens so groß wie der Obelisk, aber wir sollten dem bald entfliehen.


Nach einer kurzen Autofahrt - und ein paar sehnsüchtigen Blicken meinerseits auf mein geliebtes Philae in der Ferne - sind wir am Ufer des Nassersees gelandet. Ein Haufen Hunde hat uns gleich am Parkplatz begrüßt, welchen Mu mit mitgebrachten Schokoriegeln gefüttert hat. Das die Tiere diesen Mordanschlag überlebt haben, verdanken sie wahrscheinlich nur eisernen, von Hunger gestählten, Mägen.


Dann ging‘s los mit einer Rundfahrt auf dem Nassersee. Ruhe, warme Luft, Entspannung, Tee, ein relaxter Kapitän, Wassergeplätscher, eine traumhafte Landschaft, Tempel in der Ferne, kein Stress, Lachen, Erinnerungsfotos, Hoffen, dass die Zeit vielleicht doch stehen bleibt, Spannung, was wir noch erleben werden…


Irgendwann legt unser Boot an. Zuerst sehen wir nur Schilf. Einen lichten Wald aus Schilf auch dann, als wir von Bord geklettert sind. Als sich der Wald lichtet, ist es, als wären wir in der Wüste. Wunderschöner, goldener Sand erstreckt sich vor uns. Hier und dort liegen schwarze Steine verstreut. Wir gehen den Abhang hinauf. Ich entdecke Spuren von Vögeln im Sand und von Schlangen. Heinz malt ein ♥️ in den Sand, Mu einen ☠️.

Wir sind mutterseelenallein auf der Insel. Als wir oben am Hügel ankommen eröffnet sich uns ein wunderschöner Blick auf einen kleinen See. Dahinter der Nasserssee, die Insel mit dem Tempel von Kalabscha und dahinter das ägyptische Festland. Alle machen fleissig Fotos und ich hocke mich auf einen Felsen und starre wie ein Idiot in die Ferne. Und fülle Bilder in die Flasche. ..

Irgendwann ist es Zeit zu gehen. Wir verlassen die Insel ohne Namen, die mittlerweile doch einen Namen hat: Aziz hat sie OIDA-Insel getauft. 😉 Nur Wissende wissen warum. 🙃


Den Abschluss der Rundfahrt ist die Insel, die wir schon aus der Ferne gesehen haben: Die Tempelinsel mit dem Mandulis-Tempel von Kalabscha, dem kleinen Felsentempel von Beit-el-Wali und dem Kiosk von Kertassi. Mein Möchtegern-Archäologenherz schlägt noch einmal höher und krallt sich an die alten Mauern. Aber mittlerweile ist es schon wirklich sehr heiß und alle zieht es langsam in Richtung Boot zurück. Leichtmatrose Heinz hilft beim Ablegen so gekonnt, wie er schon beim Anlegen und Vertäuen geholfen hat. 😍  


Und dann ist es irgendwann doch soweit: Unsere Dahabeya legt ab, wendet und fährt zurück Richtung Luxor…

 

So, aus! Seit ca. einer halben Stunde starre ich jetzt aufs Display und nix kommt „aus meinen Fingern raus“. Was nicht raus will, will anscheinend drin bleiben. So soll es sein. Man muss nicht alles sagen. 🦅